Einleitung Gibt es Antikriegsfilme? Der Vietnamkrieg Verdeckte Kritik in Filmen der 60er Heimkehrerfilme The Deer Hunter Apokalypse Now Vietnam-Trilogie Oliver Stone Individuum und Militär Gardens Of Stone Besondere Morde im Krieg Drei Filme von Barry Levinson Ein "schmaler Grat" A Bright Shining Lie Going Back — Vietnamtourismus? Krieg als US-Staatskunst Tagebuch & UN-Charta Verlag, Autor, Unterstützer [zurück] [weiter] |
"Die Rolle der Medien in der gegenwärtigen Politik zwingt uns
zu der Frage, in was für einer Welt und in was für einer
Gesellschaft wir leben wollen, und vor allem, in welchem Sinn diese
Gesellschaft demokratisch verfasst sein soll." Noam Chomsky
"Ich gehöre einer Generation an, die mit Krieg aufgewachsen
ist. Wir haben in die Gesichter der Männer geblickt, die aus
Vietnam zurückkehrten. Und auch deshalb haben wir gegen diesen
Krieg protestiert."
Kriege, in denen Abertausende und Millionen Menschen leibhaftig
sterben, sollten in der Erinnerung des Weltpublikums nicht als
phantasierte
Geschichte hängen bleiben. Deshalb bieten politische und
historische Kategorien eine unverzichtbare Perspektive für die
Kriegsfilmkritik. Manche der in im Buch "Napalm am Morgen"
vorgestellten Filmtitel mögen inszenierte Heilungsgeschichten
sein. Wenn in ihnen der Protest gegen das Verbrechen des Krieges nicht
zum Verstummen gebracht wird, verdienen sie unter dem Gesichtspunkt
des kritischen Paradigmas dennoch unser Wohlwollen. Jenes
US-Filmkapitel, das in der Tradition von "THE GREEN
BERETS" (1968)
nach 1975 gezielt eine rückwirkende Propaganda für den
Vietnamkrieg betreibt, haben wir bewusst ausgeklammert. Dazu
gehört der mit Militärhilfe gedrehte Gefechtsfilm
"HAMBURGER
HILL" (1987);
er wird bis heute dreist
als "Antikriegsfilm"
beworben und transportiert in vielen Passagen die Legende vom Verrat
der so genannten Heimatfront. Ein Jahr später reduziert Jeff
Bleckner mit "MY FATHER, MY
SON" die
gesamte chemische Kriegsführung in Vietnam zynisch auf ein
Agent-Orange-Melodrama, dessen Blickwinkel am Gartenzaun einer
US-Militärsfamilie endet. Noch vor dem zweiten Golfkrieg
erscheint 1989 "FLIGHT OF THE
INTRUDER". An
dieser unsäglichen Produktion waren neben dem U.S. Department of
Defense nahezu alle Waffengattungen beteiligt. Sie enthält eine
späte Apologie der US-Bombenangriffe auf Nordvietnam. Zwei
heldenhafte Piloten nehmen 1972 in vorauseilendem Gehorsam die
nochmalige Eskalation des Luftkriegs unter Richard Nixon vorweg. Das
Weltbild ist weit entfernt von einer Gleichheit aller Menschen und
begünstigt die vorherrschenden Amnesien in der Gesellschaft.
Anfang der 90er Jahre schätzen an einer Umfrage beteiligte
US-Amerikaner die Zahl der Todesopfer des Vietnamkrieges auf
durchschnittlich 100.000, während allein die offiziellen Zahlen
von 2 Millionen ausgehen. Passend zu den neueren Kriegen in
Afghanistan und im Irak befördert Ende 2001 der wesentlich
"anspruchsvoller" produzierte Titel "WE WERE
SOLDIERS" ein
Heldenideal, das die gesamte Geschichte des kritischen Vietnamfilms
negiert. Nicht einmal im Ansatz scheint es jetzt noch nötig zu
sein, so etwas wie eine Rechtfertigung für den Vietnamkrieg zu
bieten. Der Film lief bei uns in den Kinos unter der
äußerst treffenden Überschrift "Wir waren Helden" und
ist im Nachspann mühelos als Co-Produktion von Hollywood und
Pentagon zu identifizieren.
Das Kino ist mit solchen Filmen kein freier Kulturraum mehr. Es ist
vielmehr verkommen zu einem staatlich subventionierten
Initiationstempel für nationale Mythen und zur propagandistischen
Geschichtsfälscherwerkstatt. Wichtige, vom Pentagon
geförderte Propagandatitel der 1990er Jahre, aber auch
Lebenszeichen aus dem "kritischen Hollywood" nennt das Schlusskapitel
von "Napalm am Morgen".
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